Fassadenwerbung des GKV Spitzenverband und Gesundheitsministerium

Aktuelle Ausgestaltung des PUD – ein politischer Offenbarungseid

Aktuelle Ausgestaltung des PUD – ein politischer Offenbarungseid

Wir brauchen eine Patientenmitbestimmung auf Augenhöhe und mit Sanktionsmöglichkeiten – mehr denn je!

In der aktuellen Ausgestaltung der „Stiftung unabhängige Patientenberatung Deutschland“ (PUD) paaren sich politische Hilfslosigkeit mit Machtwillen und Ignoranz.

In Zeiten des demografischen Wandels und weiterer komplexen Krisen gelingt es der Regierung erneut nicht, eine für die Patienten so wichtige Institution in Ausgestaltung einer rechtsfähigen Stiftung mit Namen „Stiftung unabhängige Patientenberatung Deutschland“ auf den Weg zu bringen. Stattdessen klüngelt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im Hinterzimmer eine skandalöse Ausgestaltung mit immenser Machtfülle für den GKV-Spitzenverband aus und fährt eine gute Idee vor die Wand.

Der Zweck der Stiftung PUD ist laut Gesetz „eine unabhängige, qualitätsgesicherte und kostenfreie Information und Beratung von Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen sicherzustellen. Hierdurch sollen die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten und die Patientenorientierung im Gesundheitswesen gestärkt und mögliche Problemlagen im Gesundheitssystem aufgezeigt werden“ (Zitat aus Satz 1 des §65b SGB V).

Der Fehler liegt bereits im Gesetzestext

Der Gesetzgeber hat den „Spitzenverband Bund der Krankenkassen“ mit der Errichtung dieser Stiftung beauftragt und legte damit den Grundstein für eine Blockade der Umsetzung durch die Gesetzlichen Krankenkassen. Ein verhängnisvoller Fehler mit Erpressungspotential bei der Ausgestaltung, den der GKV-Spitzenverband auch genutzt hat. Laut Gesetz muss er das dafür notwendige Stiftungsvermögen bereitstellen, um das Stiftungsgeschäft zu tragen. Mit dieser verhängnisvollen Finanzierungsvorgabe und aufgrund des Zeitdruckes – die Stiftung hat den Betrieb zum 1. Januar 2024 aufzunehmen – hat sich das Bundesministerium für Gesundheit schlichtweg erpressen lassen und dem GKV-Spitzenverband weitreichende Zugeständnisse und damit de facto die volle Kontrolle in Ausgestaltung und Finanzierung gegeben. Damit ist das Vorhaben, Patienten unabhängig und im Zweifel auch gegen die Interessen der Kassen zu beraten, vom Tisch.

Die GKV ist Teil des Problems und wurde mit der Lösung desselben beauftragt

Man kann aus unserer Sicht von einer Rechtsverletzung sprechen, wenn nun auf der Ebene der Staatssekretäre die Inhalte der Umgestaltung ohne Einbindung der maßgeblichen Patientenvertretungen und kurz vor der Sommerpause im Hinterzimmer vereinbart werden. Das Ergebnis dieses Deals entspricht definitiv nicht der im Gesetz vermerkten Absicht und schädigt das Vertrauen in die Politik massiv.

Wann wird das Thema Wirtschaftlichkeit und Erforderlichkeit im Gesundheitssystem und in der Politik endlich weitergedacht?

Bei der Finanzierung und Ausgestaltung von Gesundheit und Pflege wird das große Potential an häuslicher Pflege durch Angehörige nicht einbezogen, wird selbst bestimmte Lebensführung für behinderte und kranke Menschen und Hilfe zur Selbsthilfe nicht unterstützt. Ehrenamtlichen Tätigkeiten und gemeinnützigen Organisationen wird aus Spargründen das notwendige Geld entzogen: So trocknen politische Blindheit und Machtgerangel eine unverzichtbare Reserve an menschlicher und verfügbarer, individueller Arbeitsleistung aus.

Die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens ignoriert das Gemeinwohl

Wirtschaftlich orientierten Verbänden und Investoren wird das Gemeinwohl zum Fraß vorgeworfen, das ist ein Skandal. Längst ist ein nicht unerheblicher Teil von (Fach-) Arztpraxen und Kliniken, aber auch Sanitätshäusern und Herstellern von Medizinprodukten und Hilfsmitteln in Investorenhand – Tendenz steigend. Nicht der Patienten bestimmt den Bedarf, der Markt definiert das Angebot selbst. Im GKV-Spitzenverband und anderen für das Gesundheitssystem maßgeblichen Stellen sitzt eine unheilige Allianz aus Spitzenfunktionären – ohne Beteiligung der Patienten mit einem Mitbestimmungs- oder Vetorecht.

Maßgebliche Patientenvertretungen versuchen über ihr Vorschlagsrecht bei der Besetzung des PUD-Vorstands Schlimmstes zu verhindern – die Erfolgsaussichten dürfen als mäßig eingestuft werden.

Pressemitteilung des Ärzteblattes zur Sondersitzung PUD lesen…